Messereport

[GO64!, Jahrgang 2004, Nr. 3, Seite 16 - 19]

HobbyTronic Computerschau 2004

(wte) Die HobbyTronic Computerschau in Dortmund, die in diesem Jahr vom 11. bis 15. Februar stattfand, zog rund 42 Tausend Besucher an, 10% weniger als letztes Jahr. Neben Conrad gab es nur einen Stand, an dem es noch ein paar Elektronikteile zu erwerben gab. Ansonsten boten Computersystem- und Komponentenanbietern sowie Zubehör- und Spieleverkäufer ihre (nicht immer ganz neuen) Waren an.
Wie schon in den vergangenen Jahren, waren auch diesmal wieder diverse Clubs auf der Messe vertreten. Und dies hat auch seine Berechtigung, kann man doch dort seine frisch erbeuteten Schnäppchen testen lassen oder Lösungen für PC-Probleme finden. Der Bedarf an Beratung ist groß. Nebenbei konnte man sich auch über verschiedene Softwareanwendungen und alternative Computersysteme informieren.

Weiterhin gab es eine 300 qm Aktionsfläche für Freunde von Computerspielen. Intel sponserte diesem imposanten Stand, auf dem diverse PC-Spiele auf die Besucher warteten. Am Wochenende wurden dann in Rennsimulatoren harte Fights um Preisgelder von bis zu 1000 Euro ausgefochten. Eine kleine Ausstellung (spielbarer) Daddelkisten rundete das Angebot der Aktionsfläche ab. Neben diversen Spieleconsolen (Sega, Commodore CD32, Atari) war natürlich auch ein C64 aufgebaut worden, der deutlich häufiger frequentiert wurde als die anderen Systeme.

Und damit sind wir beim eigentlichen Thema: Auch im Jahr 2004 war die HobbyTronic wieder Treffpunkt zahlreicher CeVi-Fans. Auf dem Stand des 1. Wittener Computer Clubs (1.WCC) [1] hatten Skern, Stefan Bisitz, Stefan Zelazny, vom Dienstagstreff [2], und Reinhard Kratzberg mehrere C64- und C128-Rechner aufgebaut.

Attraktionen

Seit einigen Jahren ist es fast schon zur Tradition geworden, dass die Leute vom Dienstagstreff eine besondere Attraktion für den Stand des 1.WCC liefern. War es vor zwei Jahren der legendäre U64 (ein C64 unter Wasser), der es sogar bis ins Fernsehen schaffte, oder im letzten Jahr die Präsentation des C-One Prototypen (zusammen mit seiner Entwicklerin Jeri Ellsworth) und ein zum Paperboy-Fahrrad umgebauter Heimtrainer, so hatten sich die Tüftler diesmal dem Thema Dosen-DFÜ verschrieben. Damit war jedoch keineswegs eine spezielle Version des Büchsenwerfens gemeint (nach dem Motto man nehme eine Dose, lege eine Datendisk ein und werfe diese dann in die Ferne ...).

Der Begriff Dosen-DFÜ leitete sich von der Idee ab, dass man sich mit einer Konstruktion aus zwei Blechdosen und einer dazwischen gespannten Schnur nicht nur in analoger Sprache unterhalten können sollte, sondern auch eine akustische Digitaldatenübertragung möglich sein müsste. Ausgehend von der Tatsache, dass der C64 mit seiner Datasette über modulierte Tonsignale kommuniziert, wurde aus einem C64 mit Hilfe eines Vorverstärkers, eines Lautsprechers und einer Plastikdose ein Sender gebastelt. Die Datenübertragung übernahm eine einfache Paketschnur und der Empfänger bestand aus einem Filmdöschen mit Mikrophon und Empfangssignalverstärker. Die so transportierten Daten wurden im Cassettenport eines zweiten C64 eingelesen und ausgewertet.

Aufgrund des hohen Störgeräuschepegels war jedoch auf der Messe keine fehlerfreie Übertragung möglich. Trotzdem konnte die prinzipielle Machbarkeit dieser Art der Signalübermittlung, die ungefähr das technische Niveau von Buschtrommeln erreicht, belegt werden. Immerhin war die Sache so interessant, dass sich sogar ein WDR-Kamerateam für den Aufbau und die Funktionsweise interessierte.

Ein weiterer echter Hingucker auf der Messe war ein umgebauter SX64. Das Gerät arbeitet mit einem internen IDE64-Interface. Im freien Laufwerkschacht ist ein (perfekt passendes) anthrazitfarbenes CD-ROM eingebaut und im inneren arbeitet eine Compactflash-Card (CF) als "Festplatte". Wie Skern, der dieses Gerät für den Dienstagstreff umgebaut hatte, dazu erklärte: eindeutig die leisere Variante zu einer echten Festplatte. Und ganz nebenbei auch die gewichtsgünstigere.

Neue Hardware

Drei "neue" Hardwareprojekte konnte Skern auf der Messe präsentieren. Zum einen hatte er einen Nachbau des IEC-ATA-Interface von Asbjoern Djupdal aus Norwegen [3] mitgebracht. Seine Schaltung war im Gegensatz zum Original kompakter und (noch) frei verdrahtet. Die in der internen Software – abgelegt in einem AT90S8515 (Atmel Onechip Prozessor) - noch vorhandenen groben Fehler können nach einer ersten Analyse des C-Codes in vielen Fällen leicht korrigiert werden. Dieses Interface erlaubt den Anschluss eines IDE-Geräts an den seriellen Bus des C64. Leider werden derzeit weder der Burstmodus des C128 noch JiffyDos oder gar Speedermodule unterstützt, so dass nur die langsamen Standard-I/O-Routinen zur Anwendung gelangen können. Für die Optimierung der Software werden Leute gesucht, die sich sowohl mit C-Programmierung als auch mit Floppyroutinen auskennen.

Ein weiteres Projekt dreht sich um die Netzwerkfähigkeit des C64. Hier sind ja in letzter Zeit bereits mehrere Lösungen erarbeitet worden. Skerns Ethernet-Lösung basiert auf einem neuen Chip (bisher nur als Prototyp verfügbar) der Firma Wilke Technology mit integriertem TCP/IP-Stack (der C64 - und der Programmierer - wird also von dieser Arbeit vollkommen entlastet). Die Ansteuerung erfolgt über eine (5 Volt)-RS232-Schnittstelle, die z.B. am Userport realisiert werden kann. Die endgültige Schaltung wird vermutlich nur aus sechs Elementen bestehen (Materialwert ca. 50 Euro). Für den C64 wird nur eine Software benötigt, die die RS232-Schnitstelle bedient, was durchaus auch in Basic lösbar sein sollte.

Im sehr frühen Experimentalstadium befindet sich ein drittes Projekt, das eine Compactflash-Card (CF) direkt vom C64 aus ansprechbar machen will. Dazu wird die CF am Expansionsport angeschlossen und mit Direktzugriff beschrieben und gelesen. Die Entwicklung der Software zur Registersteuerung ist derzeit in Arbeit. Das visionäre Ziel ist eine Erweiterung der Hardware (intelligente Steuerung, DMA fähig), um die CF wie eine REU ansprechen zu können. Mit dem unschätzbaren Vorteil, eine nichtflüchtige REU zu besitzen und das mit einer Speichergröße von derzeit bis zu 4 Gigabyte!

Zukunftsmusik

Da auf der Messe auch ein Stand eines Atari-Clubs war, gab es Gelegenheit zum Austausch von Informationen über diverse Hardwareprojekte. Die Atarianer entwickeln seit zwei Jahren an einem USB-Port mit Spezialchips [4]. Die Hardware für 8-Bit Ataris, die am Erweiterungsport angeschlossen wird, steht. Die Software basiert auf der 6502 CPU und ist noch in der Entwicklung. Der Atari wird sowohl als Master als auch als Slave (z.B. am PC) arbeiten. Die Hardware sollte leicht an den C64 adaptierbar sein (was Skern halt so "leicht adaptierbar" nennt). In jedem Fall wollen die Leute vom Dienstagstreff mit den Atarianern in Kontakt bleiben.

Software - was gab's zu sehen?

Neben den Programmen der MySoft-Edition für den C128 und Anwendungen und Demos zum Graphic Booster [5] konnte man eMail64 und die neueste Version von Wings [6] im Einsatz beobachten. Besonderes Interesse erweckte dabei immer wieder der unter Wings ablaufende Enterprise-Movie-Trailer, ein am C64 unter Wings aus Video-Standbildern im JPEG-Format erzeugtes Video.

Am Samstag begannen einige CeVi-Freunde, unter Beteiligung eines Besuchers der seit 12 Jahren nicht mehr am C64 gesessen hatte, einen spontanen Matrix-Programmierwettbewerb. Ziel: die ähnlichste Simulation der fallenden Symbolzeichen aus dem gleichnamigen Film. Auf der Disk zum Heft finden sich die Versionen von Stefan Z. und unserem unbekannten Besucher. Am Sonntag versuchte man sich dann in gleicher Manier mehr oder weniger erfolgreich an Tron.

Eine ganz besondere Art von „Software“ konnte Stefan Bisitz am Wochenende präsentieren: Wie schon im vergangenen Jahr versorgte er das Standpersonal und ausgewählte Gäste mit selbstgebackenen Commodore-Logo-Keksen, stilecht in rot und blau gefärbt (der Dank für die Herstellung geht an Stefans Mutter).

Wer war sonst noch da?

Neben den bereits genannten konnte man viele weitere bekannte Gesichter auf der Messe treffen: Arndt Övermann (Dienstagstreff und 1.WCC), Sunnyman (Jens Bürger), Doc Schulze-Öchtering, Copyfault (Björn Fröhlich), Klaus Finke (der Suhler), Niko Malecki, Helmut Rerig, Hoogo (Frank Jürke), AEG (André Bürger), Thunder.bird (Malte Schulze), Hans Kessels (vom HCC in Holland) und Stefan Haubenthal (er arbeitet an der Entwicklung eines plattformübergreifenden C-Compilers für 6502-Systeme mit [7]).

Quo vadis HobbyTronic?

Unverkennbar für den Beobachter, der die letzten Jahre die HobbyTronic regelmäßig besucht hat, ist der stete Niedergang dieser Veranstaltung.
Jedes Jahr wurde die Messe um eine halbe Halle kleiner - eine verheerende Entwicklung. Da in diesem Jahr nur noch die Halle 4 gefüllt werden konnte, war absehbar, dass es die HobbyTronic in der bekannten Art nicht mehr lange geben wird. Die Messeleitung hat dann auch schnell reagiert und in ihrer Presseerklärung zur HobbyTronic den Schritt angekündigt, den viele schon erwartet hatten: Die HobbyTronic wird im nächsten Jahr mit der Intermodellbau kombiniert. Dieses, dem Konzept der Stuttgarter Hobby und Elektronik entliehene Konzept sollte der Messe neue Impulse bringen. Die Änderung hat aber auch Auswirkungen auf den traditionellen Termin im Februar: die neue "Kombi-Messe" wurde für den 21. bis 25. April 2005 angesetzt.

Während also für PC-Freaks immer weniger echte Schnäppchen angeboten wurden, gab's für die Retrofans, speziell für C64-Freaks, viel zu sehen und zu bestaunen und nicht alles konnte in diesem Bericht Erwähnung finden. Allein deswegen war die Messe, trotz der wenigen Austeller, einen Besuch wert. Und wenn das neue Konzept aufgeht, wird es im nächsten Jahr noch lohnender die HobbyTronic zu besuchen. Der 1.WCC und der Dienstagstreff werden jedenfalls wieder dabei sein.

[1] http://www.1wcc.de
[2] http://www.dienstagstreff.de
[3] http://www.djupdal.org/cbm/iecata/
[4] http://www.strotmann.de
[5] http://www.c128.net
[6] http://www.king.igs.net/~billnacu/wings/
[7] http://www.cc65.org

Gag-Software: matrix.d64.zip


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Erstellt von WTE, am 30.März 2004; überarbeitet am 30. März 2004