(wte) Samstagmorgen, 9 Uhr 30. Weckzeit im Bunker ist
erst um Zehn. Auf dem Klingelbrett neben der Eingangstür ist neben den
Bezeichnungen diverser Bunkerräume auch ein neuer, mit einem Pfeil
versehener, handschriftlicher Eintrag zu sehen: Alvin Atombender.
Offenbar der neue Hausmeister. Wie sich später noch herausstellen wird,
handelt es sich um den bisher unbekannten Zwillingsbruder eines
gewissen Elvin Atombender. Aber noch bin ich ahnungslos.
Zaghaft,
ich will ja nicht mit allzuviel Lärm die Schläfer wecken, berührt mein
Daumen dem Klingelknopf vom Partyraum, in der schwachen Hoffnung auf
einen Frühaufsteher. TUT, TUT, TUT - TUT, TUT, TUT. Die Türklingel
erzeugt die ohrenbetäubende Geräuschkulisse einer wild gewordenen Tröte
und ist daher selbst durch einen Meter Beton nicht zu überhören. Und,
sie hört nicht auf zu tuten! Nach einer gefühlten Ewigkeit endlich
Stille. Dann eine Stimme aus der Sprechanlage: "Wer ist da?". Na ich! -
Noch mal Glück gehabt, man läßt mich ein.
Eigentlich
wollte ich ja schon längst hier gewesen sein. Den Freitag Abend hatte
ich für die Erstellung meines Compobeitrags fest eingeplant. Das
Equipment war auch rechtzeitig gepackt. Doch leider ist mal wieder
etwas dazwischen gekommen und so wurde es nichts mit der geplanten
Anreise am Freitag Nachmittag.
Während
ich meine Kisten mit Computerschrott, äh historischen Rechenmaschinen
nebst Zubehör, vier Stockwerke hinauf wuchte und mich im Partyraum auf
einem leeren Tisch häuslich einrichte, kommen nach und nach auch die
anderen Partygäste aus der Schlafhöhle gekrochen. Kaffee und Brötchen
wecken ihre Lebensgeister und liefern die erforderlichen Kohlenhydrate,
um den zweiten Partytag zu meistern. Ich bereite erst mal mein
Schlaflager vor und mache noch ein paar Photos.
Mein
Tisch steht direkt neben den flüssigen Vorräten. Irgendwer kleckert mir
sein Bier in die Kiste mit Disketten. Volltrunken? Nein, es ist nur
Malzbier. Entweder waren Partys früher mal anders oder man hat darüber
viel dummes Zeugs erzählt. Vielleicht sind wir aber auch alle nur älter
geworden. Immerhin wird noch geraucht, wie in alten Zeiten. Darauf
könnte ich aber gern verzichten. Zum Glück wird immer gut gelüftet.
Später am Abend duftet es ein bisschen nach funny things. Eine Ahnung
von Nostalgie kommt auf. Aber soweit sind wir noch nicht.
Nachdem
meine Power-User-Ausrüstung zusammengestöpselt ist, durchwühle ich
meine Disketten und SD-Karten auf der Suche nach einem brauchbaren
Programmfragment, um doch noch was für die Wild-Compo zu stricken.
Fehlanzeige. Den Compobeitrag kann ich daher vergessen. Vermutlich ist
das aber kein großer Verlust für die Menschheit.
Ich
grabe statt dessen mein aktuelles Dauerprojekt aus. Daran arbeite ich
jetzt schon seit Monaten. Allerdings immer nur bei Gelegenheiten wie
diesen und es will nicht so recht vorangehen. Der VDC im C128 hat so
seine Eigenheiten und ich stehe mit einigen auf Kriegsfuß. Während ich
mich konzentriert in den Code einarbeite und an seltsamen Effekten
verzweifele, wird das Mittagessen gereicht. Irgendwie verpasse ich den
richtigen Zeitpunkt und plötzlich ist es Nachmittags und wie bei Bolle
hieß es dann nur noch: War allet uffjefressen von fremden Leuten hier.
Statt einer nicht vorhandenen Butterstulle gibt's aber noch Kuchen
(Lecker!).
Die
Orgas verteilen zwischendurch Codekarten mit Impossible
Mission-Aufkleber. Bei der letzten Bunkerparty galt es eine mit
Kartenleser gesicherte Tür im Kellergeschoß des Bunkers zu knacken. Es
war der Zugang zum Geheimlabor von Maniac Manison. Der Fake von damals
ist jetzt zur Realität geworden. Die Codekarten dienen als
Zugangsberechtigungsausweis für den Bunker. Nun braucht man draußen
nicht mehr bimmeln. Einfach die Codekarte vor das Lesegerät unter dem
Klingelbrett gehalten und schon aktiviert sich summend der Türöffner.
Ich hab's gleich mal ausprobiert. Ein echter High-Tech-Bunker!
Am
Nachmittag gibt es dann auch eine offizielle Begrüßung der Partygäste.
Etwas spät, aber immerhin. Wieso dazu der oben schon erwähnte neue
Hausmeister erscheint bleibt jedoch rätselhaft. Der Kerl hat eine
Glatze mit wenig weißen Haaren. Seine Kopfhaut ist jedoch quittegelb.
Das muss wohl an den Experimenten liegen, die er hier im Geheimen
tätigt. Er murmelt einiges krudes Zeugs, das im allgemeinen Trubel
untergeht und endet mit einem unheilvoll gekrächsten "Stay a while ...
staaay forever!". Der Kerl ist wohl ein Ausländer. Wie auch immer, ich
habe gar nicht vor schon zu gehen.
Dieser
mysteriöse Auftritt ist offenbar das Startsignal für weitere
Aktivitäten der Orgas. In kleinen Gruppen werden die Partygäste in
tiefere Gefilde geführt und haben dort, dem Partythema angepasst,
jeweils drei "Impossible Missions" zu bestehen. Zusätzlich wird man
dabei von kleinen bunten Robotern umschwirrt, die seltsame Töne von
sich geben, blinken und hin und her fahren.
Während
man ständig das Gefühl hat, gleich von Elektroschocks getroffen und
zerbrutzelt zu werden, muss man sich jeweils an einem C64 mit Joystick
auf ein Geschicklichkeitsspiel konzentrieren. Ab einer bestimmten
Punktzahl kann man dabei eine Codekarte (Lochkarte) gewinnen, die
später noch eine Rolle spielen soll. Beim ersten Spiel gilt es, einer
schwarzen Kugel zu entkommen. Man hat keine Chance! Doch die muss man
nutzen. Ich scheitere kläglich. Das zweite Spiel testet das
Merkvermögen, das geht schon besser. Beim Dritten muss man sich einen
Pfad mit zufällig vorgegebenen Wegstücken bahnen. Tip: durchaus auch
mal was platt machen! Zum Schluss habe ich zwei Lochkarten - doch was
soll ich jetzt damit?
Es
geht nun Schlag auf Schlag. Das Abendessen ist fertig und diesmal passe
ich besser auf. Dann ist die Deadline der Compo erreicht. Danach wird
das Geheimnis der gewonnenen Codekarten gelüftet, na jedenfalls zum
Teil. Es soll jeweils drei identisch gelochte geben, spiegelverkehrte
mitgerechnet. Anfängliche Versuche von Tauschhandel schlagen fehl. Es
gibt einfach nur Pärchen keine Drillinge. Dann wird alles
zusammengelegt, wir haben ca. zwei Drittel der verfügbaren Karten
gewonnen. Alles Paare, wenige Einzelkarten. Statistisch
unwahrscheinlich aber nicht unmöglich. Ich finde dann doch noch einen
Dreier, es soll der einzige bleiben. Wenn das jemand gefilmt hätte,
hätte das Ganze auch als eine interessante Studie zur Gruppendynamik
dienen können. Ganze Jahrgänge von angehenden Psychologen könnten sich
daran austoben.
Das
letzte offizielle Ereignis ist die Vorstellung der Compobeiträge mit
abschließendem Voting. Ein feuriges Bild mit Scroller, eine hypnotische
Kröte, ein blinkender Robot und eine "traurige" Demo treten
gegeneinander an. Die Demo von spider-j liegt auf der Beifallsskala
klar vorne aber auch die Kröte wurde von manchem mit Genuß geschluckt.
Der Robot brennt sich in meine Netzhaut ein.
Irgendwann
gegen vier Uhr, der Beamer dampft vor sich hin und wirft "Zurück in die
Zukunft" auf die Leinwand, schalte ich meinen Rechner aus. Wer hat an
der Uhr gedreht, ist es wirklich schon so spät? Die Luftmatratze ruft!
Irgendwer schnarcht! Zwischen kurzen Schlafhäppchen und langen
Wachphasen überlege ich, wie man das abstellen kann. Mir kommen da ein
paar Ideen, aber meine Trägheit rettet dem nächtlichen Ruhestörer das
Leben. Gerade denke ich: jetzt ist Ruhe, als ein Weckruf durch den
Bunker hallt und das Bunkerradio damit beginnt Morgenlieder zu spielen.
10 Uhr! Boah! Wer hat an der Uhr ge...
Nach
dem Frühstück wird je nach Gefühlslage gedaddelt, gepixelt oder
gecoded. Skern bastelt an einem Votingprogramm - ein bisschen spät,
oder? Gegen 13 Uhr wird das Resultat der Wild-Compo präsentiert. Die
erreichte Punktzahl wird Analog an der großen Leinwand dargestellt. Wer
bisher noch nicht bemerkt hatte, dass es eine Party des Dienstagstreff
ist, bemerkt es jetzt. Die erreichte Stimmenzahl wird durch verschieden
lange Klopapierstreifen symbolisiert. Auf so einen sch...önen Einfall
muss man erst mal kommen. Die Papier-Hardware passt, aber die
Softwareumsetzung läßt noch etwas zu wünschen übrig. Es fehlen ein paar
Hände. Das Ergebnis der Compo fällt denkbar knapp aus. Es gibt zwei
dritte Plätze und die Kröte wird mit einem Punkt Vorsprung zweiter.
Unangefochtener Sieger ist jedoch die Demo von spider-j. Beifall gibt's
für alle.
Während
sich die Plätze leeren und die Party dem Ende zutreibt, werden die
Preise vergeben. Neben Hard- und Software aus Bunkerbeständen gibt es
auch die Roboter zu gewinnen. TheRyk merkt an: "allein schon dafür
hätte es sich gelohnt, hierher zu kommen". Nach den Compo-Teilnehmern
sind die Sieger in den einzelnen Geschicklichkeitsspielkategorien an
der Reihe und zu guter Letzt gibt es auch noch was für drei Lochkarten.
Doch was, um alles in der Welt, soll ich jetzt mit zwei
Originalspiel-Tapes anfangen?
Fazit:
Eine gelungene Veranstaltung. Ich verbrachte zwei tolle Tage in
angenehmer Atmosphäre, hatte viel Spaß und wenig Schlaf und ich wüsste
nicht, was mich im nächsten Jahr davon abhalten sollte wiederzukommen.
Eine Party im Dienstagstreffbunker darf man eben nicht verpassen!
Links:
[1] Offizielle Partyinfo vom Dienstagstreff:
http://www.dienstagstreff.de/veranstaltungen/2011/index.php
[2] Die Bunkerparty in der CSDB (mit Compobeiträgen):
http://noname.c64.org/csdb/event/?id=1790
[3] Die Bunkerparty im Forum64:
http://www.forum64.de/.../42496-bunker-party-2011/
[4] WTEs Commodore 8-Bitter Blog:
http://blog.c128.net/archives/583
[5] Bilder von der Bunkerparty 2011:
http://www.c128.net/album/bp2011/index.htm
Fotos: Reinhard
Kratzberg (der Bericht in der DT #93 war ohne Bilder)
|
 |
![[Eingang zum Bunker]](image/bp2011/TN_P1060655.JPG) |
Vor
dem Eingang zum Bunker |
![[Seltsame Mieter]](image/bp2011/TN_P1060660.JPG) |
Ein
neuer (seltsamer) Hausmeister |
![[Floppy-Vorraete]](image/bp2011/TN_P1060682.JPG) |
Gebunkerte
Vorräte |
![[Codekarte]](image/bp2011/TN_P1060714.JPG) |
Die
Codekarte sichert den Zutritt |
![[Orgas und Gaeste]](image/bp2011/TN_P1060746.JPG) |
Orgas
und Gäste |
![[Lochkartentauschboerse]](image/bp2011/TN_P1060776.JPG) |
Lochkartentauschbörse |
![[Robots]](image/bp2011/TN_P1060780.JPG) |
Außerirdische Robots |
![[Sieger]](image/bp2011/TN_P1060818.JPG) |
So sehen Sieger aus |
|