Partybericht

[Digital Talk, #93, 2011]

Bunkerparty 2011

Impossible Mission - Zutritt nur mit Codekarte!

(wte) Samstagmorgen, 9 Uhr 30. Weckzeit im Bunker ist erst um Zehn. Auf dem Klingelbrett neben der Eingangstür ist neben den Bezeichnungen diverser Bunkerräume auch ein neuer, mit einem Pfeil versehener, handschriftlicher Eintrag zu sehen: Alvin Atombender. Offenbar der neue Hausmeister. Wie sich später noch herausstellen wird, handelt es sich um den bisher unbekannten Zwillingsbruder eines gewissen Elvin Atombender. Aber noch bin ich ahnungslos.

Zaghaft, ich will ja nicht mit allzuviel Lärm die Schläfer wecken, berührt mein Daumen dem Klingelknopf vom Partyraum, in der schwachen Hoffnung auf einen Frühaufsteher. TUT, TUT, TUT - TUT, TUT, TUT. Die Türklingel erzeugt die ohrenbetäubende Geräuschkulisse einer wild gewordenen Tröte und ist daher selbst durch einen Meter Beton nicht zu überhören. Und, sie hört nicht auf zu tuten! Nach einer gefühlten Ewigkeit endlich Stille. Dann eine Stimme aus der Sprechanlage: "Wer ist da?". Na ich! - Noch mal Glück gehabt, man läßt mich ein.

Eigentlich wollte ich ja schon längst hier gewesen sein. Den Freitag Abend hatte ich für die Erstellung meines Compobeitrags fest eingeplant. Das Equipment war auch rechtzeitig gepackt. Doch leider ist mal wieder etwas dazwischen gekommen und so wurde es nichts mit der geplanten Anreise am Freitag Nachmittag.

Während ich meine Kisten mit Computerschrott, äh historischen Rechenmaschinen nebst Zubehör, vier Stockwerke hinauf wuchte und mich im Partyraum auf einem leeren Tisch häuslich einrichte, kommen nach und nach auch die anderen Partygäste aus der Schlafhöhle gekrochen. Kaffee und Brötchen wecken ihre Lebensgeister und liefern die erforderlichen Kohlenhydrate, um den zweiten Partytag zu meistern. Ich bereite erst mal mein Schlaflager vor und mache noch ein paar Photos.

Mein Tisch steht direkt neben den flüssigen Vorräten. Irgendwer kleckert mir sein Bier in die Kiste mit Disketten. Volltrunken? Nein, es ist nur Malzbier. Entweder waren Partys früher mal anders oder man hat darüber viel dummes Zeugs erzählt. Vielleicht sind wir aber auch alle nur älter geworden. Immerhin wird noch geraucht, wie in alten Zeiten. Darauf könnte ich aber gern verzichten. Zum Glück wird immer gut gelüftet. Später am Abend duftet es ein bisschen nach funny things. Eine Ahnung von Nostalgie kommt auf. Aber soweit sind wir noch nicht.

Nachdem meine Power-User-Ausrüstung zusammengestöpselt ist, durchwühle ich meine Disketten und SD-Karten auf der Suche nach einem brauchbaren Programmfragment, um doch noch was für die Wild-Compo zu stricken. Fehlanzeige. Den Compobeitrag kann ich daher vergessen. Vermutlich ist das aber kein großer Verlust für die Menschheit.

Ich grabe statt dessen mein aktuelles Dauerprojekt aus. Daran arbeite ich jetzt schon seit Monaten. Allerdings immer nur bei Gelegenheiten wie diesen und es will nicht so recht vorangehen. Der VDC im C128 hat so seine Eigenheiten und ich stehe mit einigen auf Kriegsfuß. Während ich mich konzentriert in den Code einarbeite und an seltsamen Effekten verzweifele, wird das Mittagessen gereicht. Irgendwie verpasse ich den richtigen Zeitpunkt und plötzlich ist es Nachmittags und wie bei Bolle hieß es dann nur noch: War allet uffjefressen von fremden Leuten hier. Statt einer nicht vorhandenen Butterstulle gibt's aber noch Kuchen (Lecker!).

Die Orgas verteilen zwischendurch Codekarten mit Impossible Mission-Aufkleber. Bei der letzten Bunkerparty galt es eine mit Kartenleser gesicherte Tür im Kellergeschoß des Bunkers zu knacken. Es war der Zugang zum Geheimlabor von Maniac Manison. Der Fake von damals ist jetzt zur Realität geworden. Die Codekarten dienen als Zugangsberechtigungsausweis für den Bunker. Nun braucht man draußen nicht mehr bimmeln. Einfach die Codekarte vor das Lesegerät unter dem Klingelbrett gehalten und schon aktiviert sich summend der Türöffner. Ich hab's gleich mal ausprobiert. Ein echter High-Tech-Bunker!

Am Nachmittag gibt es dann auch eine offizielle Begrüßung der Partygäste. Etwas spät, aber immerhin. Wieso dazu der oben schon erwähnte neue Hausmeister erscheint bleibt jedoch rätselhaft. Der Kerl hat eine Glatze mit wenig weißen Haaren. Seine Kopfhaut ist jedoch quittegelb. Das muss wohl an den Experimenten liegen, die er hier im Geheimen tätigt. Er murmelt einiges krudes Zeugs, das im allgemeinen Trubel untergeht und endet mit einem unheilvoll gekrächsten "Stay a while ... staaay forever!". Der Kerl ist wohl ein Ausländer. Wie auch immer, ich habe gar nicht vor schon zu gehen.

Dieser mysteriöse Auftritt ist offenbar das Startsignal für weitere Aktivitäten der Orgas. In kleinen Gruppen werden die Partygäste in tiefere Gefilde geführt und haben dort, dem Partythema angepasst, jeweils drei "Impossible Missions" zu bestehen. Zusätzlich wird man dabei von kleinen bunten Robotern umschwirrt, die seltsame Töne von sich geben, blinken und hin und her fahren.

Während man ständig das Gefühl hat, gleich von Elektroschocks getroffen und zerbrutzelt zu werden, muss man sich jeweils an einem C64 mit Joystick auf ein Geschicklichkeitsspiel konzentrieren. Ab einer bestimmten Punktzahl kann man dabei eine Codekarte (Lochkarte) gewinnen, die später noch eine Rolle spielen soll. Beim ersten Spiel gilt es, einer schwarzen Kugel zu entkommen. Man hat keine Chance! Doch die muss man nutzen. Ich scheitere kläglich. Das zweite Spiel testet das Merkvermögen, das geht schon besser. Beim Dritten muss man sich einen Pfad mit zufällig vorgegebenen Wegstücken bahnen. Tip: durchaus auch mal was platt machen! Zum Schluss habe ich zwei Lochkarten - doch was soll ich jetzt damit?

Es geht nun Schlag auf Schlag. Das Abendessen ist fertig und diesmal passe ich besser auf. Dann ist die Deadline der Compo erreicht. Danach wird das Geheimnis der gewonnenen Codekarten gelüftet, na jedenfalls zum Teil. Es soll jeweils drei identisch gelochte geben, spiegelverkehrte mitgerechnet. Anfängliche Versuche von Tauschhandel schlagen fehl. Es gibt einfach nur Pärchen keine Drillinge. Dann wird alles zusammengelegt, wir haben ca. zwei Drittel der verfügbaren Karten gewonnen. Alles Paare, wenige Einzelkarten. Statistisch unwahrscheinlich aber nicht unmöglich. Ich finde dann doch noch einen Dreier, es soll der einzige bleiben. Wenn das jemand gefilmt hätte, hätte das Ganze auch als eine interessante Studie zur Gruppendynamik dienen können. Ganze Jahrgänge von angehenden Psychologen könnten sich daran austoben.

Das letzte offizielle Ereignis ist die Vorstellung der Compobeiträge mit abschließendem Voting. Ein feuriges Bild mit Scroller, eine hypnotische Kröte, ein blinkender Robot und eine "traurige" Demo treten gegeneinander an. Die Demo von spider-j liegt auf der Beifallsskala klar vorne aber auch die Kröte wurde von manchem mit Genuß geschluckt. Der Robot brennt sich in meine Netzhaut ein.

Irgendwann gegen vier Uhr, der Beamer dampft vor sich hin und wirft "Zurück in die Zukunft" auf die Leinwand, schalte ich meinen Rechner aus. Wer hat an der Uhr gedreht, ist es wirklich schon so spät? Die Luftmatratze ruft!

Irgendwer schnarcht! Zwischen kurzen Schlafhäppchen und langen Wachphasen überlege ich, wie man das abstellen kann. Mir kommen da ein paar Ideen, aber meine Trägheit rettet dem nächtlichen Ruhestörer das Leben. Gerade denke ich: jetzt ist Ruhe, als ein Weckruf durch den Bunker hallt und das Bunkerradio damit beginnt Morgenlieder zu spielen. 10 Uhr! Boah! Wer hat an der Uhr ge...

Nach dem Frühstück wird je nach Gefühlslage gedaddelt, gepixelt oder gecoded. Skern bastelt an einem Votingprogramm - ein bisschen spät, oder? Gegen 13 Uhr wird das Resultat der Wild-Compo präsentiert. Die erreichte Punktzahl wird Analog an der großen Leinwand dargestellt. Wer bisher noch nicht bemerkt hatte, dass es eine Party des Dienstagstreff ist, bemerkt es jetzt. Die erreichte Stimmenzahl wird durch verschieden lange Klopapierstreifen symbolisiert. Auf so einen sch...önen Einfall muss man erst mal kommen. Die Papier-Hardware passt, aber die Softwareumsetzung läßt noch etwas zu wünschen übrig. Es fehlen ein paar Hände. Das Ergebnis der Compo fällt denkbar knapp aus. Es gibt zwei dritte Plätze und die Kröte wird mit einem Punkt Vorsprung zweiter. Unangefochtener Sieger ist jedoch die Demo von spider-j. Beifall gibt's für alle.

Während sich die Plätze leeren und die Party dem Ende zutreibt, werden die Preise vergeben. Neben Hard- und Software aus Bunkerbeständen gibt es auch die Roboter zu gewinnen. TheRyk merkt an: "allein schon dafür hätte es sich gelohnt, hierher zu kommen". Nach den Compo-Teilnehmern sind die Sieger in den einzelnen Geschicklichkeitsspielkategorien an der Reihe und zu guter Letzt gibt es auch noch was für drei Lochkarten. Doch was, um alles in der Welt, soll ich jetzt mit zwei Originalspiel-Tapes anfangen?

Fazit: Eine gelungene Veranstaltung. Ich verbrachte zwei tolle Tage in angenehmer Atmosphäre, hatte viel Spaß und wenig Schlaf und ich wüsste nicht, was mich im nächsten Jahr davon abhalten sollte wiederzukommen. Eine Party im Dienstagstreffbunker darf man eben nicht verpassen!

Links:
[1] Offizielle Partyinfo vom Dienstagstreff:
     http://www.dienstagstreff.de/veranstaltungen/2011/index.php
[2] Die Bunkerparty in der CSDB (mit Compobeiträgen):

     http://noname.c64.org/csdb/event/?id=1790
[3] Die Bunkerparty im Forum64:

     http://www.forum64.de/.../42496-bunker-party-2011/

[4] WTEs Commodore 8-Bitter Blog:
     http://blog.c128.net/archives/583
[5] Bilder von der Bunkerparty 2011:
     http://www.c128.net/album/bp2011/index.htm


Fotos: Reinhard Kratzberg (der Bericht in der DT #93 war ohne Bilder)

[Eingang zum Bunker]
Vor dem Eingang zum Bunker
 
[Seltsame Mieter]
Ein neuer (seltsamer) Hausmeister
 
[Floppy-Vorraete]
Gebunkerte Vorräte
 
[Codekarte]
Die Codekarte sichert den Zutritt

[Orgas und Gaeste]
Orgas und Gäste

[Lochkartentauschboerse]
Lochkartentauschbörse

[Robots]
Außerirdische Robots

[Sieger]
So sehen Sieger aus



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Erstellt von WTE, am 12. November 2011; überarbeitet am 12. November 2011