Y2K-Bug bei Commodore Joysticks!

[GO64!, Jahrgang 1999, Nr. 4, Seite 5]

Y2K: Clock-Checker testet Joysticks

(wte) Wer hätte das geglaubt. Auch der C64/C128 ist anfällig für den "Millenium-Bug", so genannt wegen der Probleme, die viele Computer mit dem Jahr 2000 haben. (Ich weiß, dass das Millenium, also das nächste Jahrtausend, erst im Jahr 2001 beginnt, aber wer interessiert sich schon dafür, wo doch alle das Jahr 2000 feiern wollen?)

Zum Glück betrifft das Problem aber nur Software und Peripheriegeräte und nicht unseren Compi selber. Über vieles wurde in diesem Zusammenhang schon berichtet (vor allem über GEOS und die Echtzeituhren in den CMD-Geräten) und unlösbare Schwierigkeiten sind wohl keine zu erwarten. Aber ein Peripheriegerät hat man bisher in der Betrachtung vergessen: die Joysticks!

Wer einen billigen Joystick hat, braucht nichts zu fürchten. So ein Teil enthält keine Elektronik und ist daher auch ungefährdet. Aber Besitzer von Luxusgeräten mit Autofire-Funktion sollten sich schon Sorgen machen! Bei einigen Joysticks wird die Taktrate der Autofire-Funktion über einen Taktchip gesteuert, der eigentlich als Uhrenchip konstruiert wurde. Dieser Uhrenchip, ein AL1499, war eine Spezialentwicklung für Spielekonsolen. Er war bereits in großen Mengen vorproduziert worden, als die Konsolen auf 16-Bit-Technologie umstellten und andere Hardware benötigten. Daher wurden die Chips verramscht und fanden so auch Einzug als einfache Taktgeber für Joysticks.

Eine Renaissance erlebte der Chip zwischenzeitlich in den Tamagochis. Dort machte man sich einen Timerfehler des Chips zu nutze, der unseren Joysticks nun schadet. Wie sich sicher die meisten noch erinnern werden, waren "tote" Tamagochis aus den ersten Serien nicht mehr wiederzuverwenden und taugten nur noch als Sondermüll (daher konnte sich diese Marketingidee in Deutschland auch nicht lange halten). Die Tamagochis waren so programmiert, dass sie im "Todesfall" den Timer auf den 31.12.99 23:59 Uhr einstellten. Eine Sekunde später verfing sich der AL1499 in einem internen Dauerreset und blockierte damit das ganze Gerät. Das Problem ist nun, dass genau das auch mit allen Joysticks passiert, die diesen Chip zur Erzeugung der Autofire-Funktion beinhalten. Da der Chip in der Fire-Leitung eingeschleift ist, ist diese ab dem 1.1.2000 totgelegt!

Die in den Joystick eingebaute Type des AL1499 (er sieht so aus wie ein kleiner Widerstand) kann nicht ohne Spezialkenntnisse umprogrammiert werden. Daher bleibt nur die Möglichkeit, das Bauteil zu entfernen und zukünftig ohne Autofire zu leben. Andernfalls wird man sich rechtzeitig nach einem neuen Joystick umsehen müssen. Es wäre doch fatal, wenn Bomb-Mania ab dem 1.1.2000 ungespielt bleiben müßte, nur weil man nicht rechtzeitig Vorsorge getroffen hat!?

Leider trägt der Chip keine eindeutige Beschriftung. Er ist daher auch nicht durch einfaches Anschauen zu identifizieren. Die Redaktion der GO64! hat jedoch die amerikanische Internetseite des Herstellers des AL1499, die Firma "Application Rig Laboratories", kurz ApRiLab genannt, ausfindig gemacht. Zum Glück haben die Ingenieure, denen das Problem bekannt ist, dort eine kleine Download-Seite eingerichtet, auf der man Joystick-Testprogramme für verschiedene 8-Bit-Computer runterladen kann. Neben AtariXE, Sinclair und MSX gibt es auch Versionen für VC20, C64 und C128.

Wir haben das Programm für den C64 getestet. Es heißt ClockChecker64 und ist ein kleines Tool, das über die Joyports einen angeschlossenen Joystick auf Anwesenheit eines AL1499 prüft. Wenn kein AL1499 detektiert wird, ist der Joystick Jahr 2000 tauglich. Anderfalls heißt es: Operation oder Tod! Dann wird es Zeit, sich einen neuen Joystick zuzulegen.

Das Tool ist im Internet zu finden unter:
http://www.ApRiLab.com/Timer/AL1499/Download/ClockChecker64.sfx.

Natürlich werden wir die Programmversionen für den VC20, C64 und C128 in der nächsten GO64! auch auf der Heftdiskette veröffentlichen (die Disk für dieses Heft war schon fertiggestellt).


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Erstellt von WTE, am 01. April 1999; überarbeitet am 01. April 1999